Ich filme immer (ausser beim Schlafen und Arbeiten)

Entwicklung eines Dokumentarfilms, in Zusammenarbeit mit Mischa Hedinger

Synopis

Als Vierzehnjähriger sieht Beat Hess in einer Jugendzeitschrift 1989 ein Inserat für eine brandneue Hi8-Kamera und er investiert sein ganzes Taschengeld. Fortan begleitet ihn seine Kamera. Er beschliesst jeden Moment seines Lebens zu filmen – ausser beim Arbeiten und Schlafen.

Über die Jahrzehnte wird Beats Kinderzimmer zum Archivraum und füllt sich immer mehr mit Videomaterial. Der Raum ist bis unter die Decke zugestellt mit fast 5‘000 VHS-Kassetten, je über 4‘000 Mini-DV-Kassetten und DVDs und Hunderten von Festplatten. Auf diesen unterschiedlichen Medien dürften sich heute rund 30‘000 Stunden an Filmmaterial befinden. Ein audiovisueller Speicher seines bisherigen Lebens.

Beat experimentiert mit der Kamera, dreht als Jugendlicher mit Freunden Kurzfilme, reflektiert sich und die Welt in langen Monologen vor der Kamera. Und er betrachtet durch die Kamera seine Familie und Freunde beim Älterwerden. Alles wird festgehalten: Die familiäre Enge, der plötzliche Tod des Vaters, die komplizierte Abhängigkeit von seiner Mutter, die unerwiderten Schwärmereien für Frauen, die Drogenprobleme seiner engsten Freunde und seine eigene Einsamkeit. Das Filmmaterial wirkt wie ein Vorläufer des heutigen obsessiven Teilens von Eindrücken in den sozialen Medien. So setzt sich über die Jahre hinweg ein Lebensporträt eines auf den ersten Blick unscheinbaren Mannes in all seinen Facetten zusammen. Eine lebenslange Suche nach Anerkennung und Geborgenheit verbindet sich mit einem Zeitdokument, das intime Einblicke in die Technokultur der 1990er-Jahre und in den langsamen Zerfall eines mittelständischen Landlebens ermöglicht.

Beat hat das Familienhaus in Niedermuhlern bei Bern nie verlassen. Noch heute sitzt er in seinem ehemaligen Kinderzimmer, sichtet, kopiert, archiviert sein Filmmaterial und führt darüber akribisch Excel-Tabellen. Hier steht er in einem konstanten Dialog mit seinem vergangenen Leben. Beat erfreut sich an sorgloseren Zeiten, versucht anhand gefilmter Sinnkrisen etwas für das Leben in der Gegenwart zu lernen oder staunt schlicht über das unwiderrufliche Vergehen der Zeit. Und auch dabei läuft die Kamera mit.

Der Film «Ich filme immer (ausser beim Arbeiten und Schlafen)» erzählt ein Leben, von der Pubertät bis ins angehende Alter, anhand von 30‘000 Stunden Filmmaterial in einer faszinierenden Montage von intimen Momenten voller Glück und Abgründen. Es scheint, als wäre Beats Drang sein Leben obsessiv zu filmen ein Kampf gegen die eigene Bedeutungslosigkeit. Warum filmt sich Beat wirklich?

Credits

Drehbuch, Regie und Schnitt KONSTANTIN GUTSCHER und MISCHA HEDINGER